Inzwischen sind wir wieder gesund in Deutschland angekommen und ich habe auch schon wieder zwei Arbeitstage hinter mir. Hanas Eltern vermissen uns etwas und sind traurig, dass sie ihren Kaffee jetzt wieder alleine trinken müssen. Und es war auch mit das erste, was ich an meinem ersten Arbeitstag gemacht habe: Erstmal einen vietnamesischen Kaffee trinken. Die Keramikkombination ist übrigens aus Vietnam mitgebracht und ein Geschenk von Hanas Papa.
Was aber ist das eigentlich, vietnamesischer Kaffee?
Das will ich in diesem Post etwas erklären.
Kaffee gehört zu den weltweit beliebtesten Getränken, in vielen Ländern (Deutschland zum Beispiel) ist es sogar die Nummer Eins. Natürlich ist Kaffee den Vietnamesen auch nicht fremd, im Gegenteil: Vietnam ist mit über einer Million Tonnen produzierten Kaffees der zweitgrößte Kaffeeanbauer und wird nur von Brasilien übertroffen. Und natürlich trinken die Vietnamesen auch selbst Kaffee. Dieser unterscheidet sich jedoch in Zusammensetzung, Röstung, Zubereitung und Geschmack deutlich von dem, was wir als Kaffee kennen. Aber, um es vorweg zu nehmen, er wirkt mindestens genauso.
Zusammensetzung: Im weltweiten Handel gibt es quasi nur zwei Kaffeearten, den Robusta und den Arabica. Robusta ist, wie der Name schon sagt, eine robuste Sorte, deren Anbau verhältnismäßig einfach ist. Der Koffeingehalt ist höher als beim Arabica, der Geschmack breiter aber ärmer an feinen Geschmachsnuancen. Arabica weist mehr feine Geschmäcker auf und wird meist als der höherwertige Kaffee behandelt (So heißt es in der Werbung oft "100% Arabica). Das muss nicht so sein, aber ich will nicht zu sehr in's Detail gehen. Beide Sorten werden üblicherweise gemischt, um einen gut-schmeckenden Gesamtkaffee zu erhalten.
In Vietnam wird nun weitgehend Robusta angebaut und entsprechend hoch ist der Robusta-Anteil in den Kaffees dort. Dies ist auch der erste Grund für den deutlichen Geschmacksunterschied zu dem uns bekannten deutschen Filterkaffee.
Röstung: "Unser" Kaffee wird industriell meist recht schnell und intensiv geröstet. Handwerklich gerösteter Kaffee vom etwas teureren Kleinröster erfährt eine schonendere Behandlung bei geringerer Temperatur und längerer Röstzeit. In beiden Fällen wird jedoch ausschließlich Kaffee verarbeitet (bzw. in der Industrie auch versetzt mit etwas Maltose). In Vietnam wird mehr "gekocht": Dem Kaffee wird oft Zucker, gelegentlich auch Fett (Butter) oder anderes beigemisch, um das gewünschte Röstergebnis zu erzielen. Die technisch meist etwas einfacheren Anlagen und ein anderes Geschmacksverständnis führen zu Röstungen, die uns Europäern meist nicht so munden. Oft wird der Kaffee von hiesigen Probanden mit Beschreibungen wie "total verbrannt" bedacht, und ich muss dem leider meist zustimmen. Allerdings können sich die meisten deutschen Kaffees auch nicht besonderer Qualität rühmen. Wie dem auch sei, wie hier, so gibt es auch dort Röster, die ihr Handwerk verstehen. Das Ergebnis ist dann eine starke Röstung, weit stärker als für Filterkaffee, die jedoch nicht verbrannt ist. Und natürlich führt eine andere Röstung zu einem anderen Geschmack.
Zubereitung: Der geröstete Kaffee wird auch hier zunächst gemahlen, möglichst kurz vor dem Aufbrühen. Es wird etwas gröber gemahlen als für Filterkaffee (und etwas feiner als für French Press). Das Mahlgut kommt dann in einen Filter, eine kleine Dose mit Löchern im Boden, und wird mit einem Stempel festgedrückt. Diese Dose wird dann auf einen Siebteller gestellt, der widerum auf der Kaffeetasse (oder -glas) steht. Nun wird ein- bis zweimal ein wenig heißes Wasser aufgegossen, um das Mahlgut quellen zu lassen. Anschließend wird die eigentliche Portionsmenge Wasser aufgegossen und der Filter abgedeckt. Das Wasser läuft nun langsam durch das Mahlgut und tropft unten als flüssiger Kaffee in die Tasse. Dieser Vorgang dauert optimalerweise etwa drei bis vier Minuten. Die Flüssigkeitsmenge entspricht in etwa der eines doppelten Espressos, die Kaffeepulvermenge ebenso.
Im Bild sieht man diese Vorrichtung. In der Tasse links kann man die Schicht gezuckerter Kondensmilch gut erkennen, die hier die weitere Zutat für einen "Milchkaffee/Kaffee mit Milch" ist. Die Tasse vorne rechts hingegen enthält nur schwarzen Kaffee.
In Vietnam gibt es Kaffee auf zwei Arten: heiß oder kalt. Heißer Kaffee wird wie beschrieben zubereitet, evtl. wird die Tasse selbst zudem noch erwärmt (durch ein Wasserbad oder, wie im Bild ganz oben, mittels eines Stövchens). Für einen kalten Kaffee oder Eiskaffee wird auf Letzteres verzichtet, stattdessen wird der gebrühte Kaffee auf Eiswürfel aufgegossen. Dadurch wird der Geschmack beeinflusst (der Kaffee ist dünner und die Geschmacksnerven durch die Kälte etwas gehemmt). Vor allem im immerwarmen und meist-heißen Süden ist die kalte Variante sehr beliebt.
Geschmack: Der vietnamesische Kaffee schmeckt extremer und intensiver als deutsche Filterkaffee und auch als Espresso. Die Säuren und Bitterstoffe kommen stärker zur Geltung, zudem hat der Kaffee, meiner Meinung nach, eine ganz eigene Süße (Hinweis: Ich trinke Kaffee immer schwarz und ungezuckert). In den meisten Fällen führt das dazu, dass man als Europäer den Mund verziehen möchte, ähnlich wie durch den adstringierenden Effekt sehr trockenen Rotweins. Bei guten Kaffees hält sich das jedoch in Grenzen. Darüber hinaus gibt es einige sehr gute Kaffees (die man, zugegeben, erst einmal finden muss), die sehr mild und ausgewogen sind. Diese schmecken immernoch charakteristisch vietnamesisch, sind dabei aber sehr gefällig und verträglich. Die angesprochene Zubereitung als Eiskaffee mildert den Geschmack nocheinmal etwas. Ich persönlich mag vietnamesischen Kaffee, wenn es denn qualitativ guter ist, sehr gerne und habe mir deshalb auch einiges mit nach Deutschland genommen. Neben Kaffeebohnen und Kaffeefiltern habe ich auch eine leicht verbesserte Zubereitungstechnik gelernt, die ich hier aber nicht weiter erläutern will. Stattdessen will ich das Café empfehlen, in dem ich selbige gelernt habe und in dem es ausgezeichneten, selbstangebauten und -gerösteten Kaffee (und Anderes) gibt: Das "Jar Café" in Hai Phong (Me Linh 12).



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